Am 13. Juli 2023 nahm sich in Toronto ein Lehrer und Schulleiter namens Richard Bilkszto im Alter von 60 Jahren das Leben. Gut zwei Jahre zuvor hatte Kike Ojo-Thompson die Zerstörung seiner bis dahin tadellosen Karriere und Reputation eingeleitet. Als Ausrichterin eines sogenannten Antirassismus-Trainings, an dem Bilkstzo teilnahm, hatte sie ihn vor rund 200 Mitarbeitern der öffentlichen Schulverwaltung im Bezirk Toronto als Negativbeispiel eines bornierten, privilegierten Weißen angeprangert, der sich gegen Aufklärung über Rassismus sperrt. Das hatte genügt, ihn in seinem Berufsumfeld in Ungnade fallen zu lassen, obwohl die Anschuldigung sichtlich aus der Luft gegriffen war.
Wie üblich, wenn persönliches Risiko im Spiel ist, schwiegen die meisten Zeugen des Unrechts. Niemand stellte sich hinter ihn. Manche traten beherzt nach. Nun zog er die letzte Konsequenz daraus.
Ojo-Thompson erklärte Bilkszto zu einem „Lehrstück“, doch das wahre Lehrstück ist sie selbst. Wokeness ist das perfekte Ökosystem für narzisstisches Missbrauchsverhalten. Sie ist wie dafür gemacht, Narzissmus und verwandten Dispositionen einen legitimierenden ideologischen Rahmen zu verleihen. Vielleicht ist sie dafür gemacht.
Es entspräche etwa dem, was in Sekten passiert. Ein Narzisst oder Psychopath überzeugt einige Menschen von einem erlogenen Glaubenssystem, das ihn als besonders hervorhebt – besonders klug, besonders wissend, besonders heilig. Sie machen dabei mit, weil dadurch ein Abglanz dieser Besonderheit auf sie fällt. Indem sie sich dem Guru mitsamt seinen Launen und Zumutungen unterordnen, werden sie Mitglieder einer exklusiven Gemeinschaft von Auserwählten, die allen Außenseitern übergeordnet sind – klüger, wissender, heiliger. Das ist der Lohn dafür, dass sie das Lügengebäude des Gurus mittragen. Sie werden von ihm narzisstisch missbraucht und im Zuge ihres Mittuns selbst zu narzisstischen Missbrauchern. Der Hauptunterschied ist, dass Wokeness nicht einen großen Guru hat, sondern viele kleine, mittlere und vor allem: mittelmäßige.