Donnerwetter – so offen wie die Aktivisten der Initiative »Brand New Bundestag« gibt selten jemand zu, dass »Diversity« in Wirklichkeit bedeutet, Funktionäre eben jener politischen Ausrichtung zu installieren, die mit diesem Diversity-Begriff assoziiert ist:
Natürlich haben Diaby, Slawik und Sharif-Ali noch viel mehr zu sagen – vielleicht stehen sie ja auch schon bald am Rednerpult unter der Reichstagskuppel. In jedem Fall aber bringen sie eine spezielle Lebensperspektive mit.
Darum geht es auch Maximilian Oehl von der Initiative »brandnew bundestag«. »Unser Anliegen ist es, dass alle Perspektiven der in Deutschland lebenden Menschen im Parlament angemessen repräsentiert sind«, sagt er. »Das bedeutet nicht, dass es um eine mathematische eins zu eins Abbildung [sic] geht, aber wenn es ein großes Ungleichgewicht gibt, dann ist es auch klar, dass die Identifikation von bestimmten Gruppen mit dem parlamentarischen System und mit der Demokratie schwindet.
»Positiv formuliert: Nur wenn Menschen sich vertreten fühlen, gehen sie auch wählen oder beteiligen sich auf andere Weise. Die Initiative unterstützt Kandidierende, indem sie diese berät oder für sie wirbt. Auch Diaby, Slawik und Sharif-Ali. Ausschlaggebend ist dabei, ob sie für eine progressive Politik stehen. Jedenfalls nach den Kriterien, die »brandnew bundestag« dafür festgelegt hat.
Tagesschau.de
Hervorhebung von mir.
Es sollen also »alle Perspektiven« im Parlament repräsentiert sein – Fußnote: »Alle« heißt natürlich nur die, die mit den politischen Vorstellungen von »Brand New Bundestag« übereinstimmen.
🤡
Anfang 2020 hatte ich den inneren Widerspruch dieser Vorstellung von Repräsentation in meinem Artikel Wie wir leben wollen sollen durchdekliniert:
… Der nach Quoten zusammengesetzte Diversity-Bundestag wäre ein bunter Haufen normaler Leute, rechts, links, mittig; kein Haufen ideologisch geschulter linker Identitätspolitiker. Dieser Haufen – einmal angenommen, er wäre arbeitsfähig – würde nicht die Politik derjenigen machen, die aus ideologischen Gründen diese Art von Repräsentation für wichtig halten. Die Menschen würden schon wieder das Falsche mit ihrer Freiheit anstellen.
…
Wer ernsthaft eine Politik und Leitkultur der »Diversity« durchsetzen will, wird Diversity-Stellen nach Möglichkeit mit Personen besetzen, die die entsprechende Ideologie teilen. Andernfalls würde der Vorgang sich selbst untergraben. »Repräsentiert« wird hier also vor allem eine bestimmte Ideologie und ihre Trägergruppe.
Es ist beeindruckend, wie offen und anscheinend sorglos »Brand New Bundestag« diesen Widerspruch lebt. Auf der einen Seite beklagt die Initiative, dass der Bundestag die Vielfalt der Bevölkerung nicht abbilde, und nimmt sich vor, vielfältige Kandidaten zu finden und zu fördern. Auf der anderen aber steht von vornherein fest, welche Politik diese vielfältigen Kandidaten vertreten sollen. Zum Beispiel »Klimaneutralität jetzt!«, »Faire Verteilung der Klimakosten«, »Chancengerechte Bildung«, »Eine Reform der Sozialsysteme«, »Ein Umbau der Wirtschaft« etc.
Nach dem Motto: Wir suchen Kandidaten mit vielfältigen Perspektiven, die unser bereits beschlossenes Programm vertreten. Wozu brauchen sie dann noch ihre vielfältigen Perspektiven?
Je zwei Gründerinnen und Gründer of not so much Color entscheiden also, welche diversen Personen würdig sind, Diversity zu vertreten? Aber nicht doch, das entscheidet eine Jury. Und wer hat die Jury zusammengestellt? Wer führt Regie?
Im genannten Artikel von 2020 schrieb ich mit Blick auf den hypothetischen Diversity-Bundestag, der sich aus einem Querschnitt der Bevölkerung zusammensetzen und die progressiven Anliegen derjenigen vertreten soll, die sich einen Diversity-Bundestag wünschen:
Man müsste also dafür sorgen, dass man Kontrolle über die personelle Zusammensetzung und das Arbeiten dieses Bundestages hätte. Jemand müsste ohnehin die Gewinnung der Stichprobe und alles andere organisieren, die vielen politischen Laien irgendwie einweisen, die jetzt Parlamentarier sein sollen, ihnen einen Crashkurs in politischer Bildung verpassen und helfen, ihre ungewohnte parlamentarische Arbeit zu verrichten.
Und diese Jemands, in deren Händen es läge, all dies zu organisieren und die Parlamentarier zu betreuen, wären die wirklichen Regenten. Ihr erster Herrschaftsakt wäre die Festlegung des Quotenschlüssels. Und diese ganze Konstruktion kann nur dann zustande kommen, wenn der Kreis dieser heimlichen Regenten nicht durch Repräsentation legitimiert ist, egal welcher Art von Repräsentation. Denn wäre er es, würden die Mitglieder ideologisch nicht an einem Strang ziehen.
Manchmal wird gesagt, »Diversity« bedeute vor allem »weniger Weiße«. Das ist an der Oberfläche richtig, aber genau betrachtet ist »weniger Weiße« sogar eher eine freundliche PR-Begründung, die man der Medienöffentlichkeit gut verkaufen kann, wenn man sie höflich ausdrückt.
Was sich dahinter verbirgt, ist eine totalitäre Agenda. Politik und Gesellschaft sollen umfassend von Funktionären mit übereinstimmender politischer Ideologie und Zielsetzung gestaltet werden. Welche Hautfarbe oder Sexualität diese Funktionäre haben, ist letztlich egal.